Mental Health im Studium – gesund bleiben trotz Unistress
Ich erinnere mich noch gut, als ich vor zwei Jahren für mein Abitur gelernt habe: Jeden Tag saß ich mehrere Stunden am Schreibtisch und bereitete mich vor allem auf meine
LK-Klausuren vor. Damals kam mir das Lernen unglaublich stressig und anstrengend vor. “Wer soll sich das alles merken können?!”, dachte ich.
Zwei Jahre später studiere ich mittlerweile im vierten Semester und denke rückblickend, dass das Abitur ein Spaziergang war im Vergleich zu dem, was im Studium auf mich zukam. Direkt in meiner ersten Vorlesung jemals, Einführung in die BWL, merkte ich, dass das Tempo, mit dem an Unis der Lernstoff vermittelt wird, ungefähr dreimal so schnell ist, wie an der Schule. In vielen Vorlesungen saß ich völlig überfordert da und kam nicht mit, während der Professor seine Folien mit Vollgas durchklickte. Viele meiner Kommiliton/-innen hatten deutlich mehr Vorwissen als ich und ich kam echt ins Schwitzen, bei dem Tempo mitzuhalten.
Besonders stressig wird es dann in den Klausurenphasen am Ende von jedem Semester. Jeder Platz in der Bibliothek ist bis tief in die Nacht besetzt, alle sind im Tunnel und pauken von morgens bis spät abends. Parallel zu den Klausuren werden noch Hausarbeiten geschrieben. Dauerstress, schlaflose Nächte, tagsüber keine Energie: Auch ich war von meiner ersten Klausurenphase ganz schön mitgenommen.
Es ist kein Geheimnis, dass dieser Lifestyle auf Dauer nicht gesund ist: Viele meiner Freundinnen und Freunde beklagen sich über Stress und die Erwartungen an sich selbst, die auf ihnen lasten. Es ist wichtig, im ganzen Unistress die mentale Gesundheit nicht zu vernachlässigen. Nur mit einer gesunden Balance aus Arbeit und Erholung macht das Studium Spaß. Deswegen gibt es an der Zeppelin Universität, an der ich studiere, die “StudentCare”. Diese Initiative setzt sich für einen besseren Umgang mit psychischem Wohlbefinden an meiner Uni ein.
Für die erfolgreiche Umsetzung dieses Ziels bezieht sich das vierköpfige Team der “StudentCare” strukturell auf das theoretische Konzept “Self-Compassion” nach der Psychologin Dr. Kristin Neff. Die Umsetzung von “self-compassionate thinking” vereint dabei die Förderung der Elemente Selbstliebe, Zusammenhalt und Achtsamkeit. Entsprechend strebt die “StudentCare” mit ihren Projekten an, Studierenden die Möglichkeiten zu bieten, sich in Achtsamkeit eigenen psychischen Belastungen gegenüber zu üben, Selbstliebe zu praktizieren und sich gemeinsam über Themen psychischer Gesundheit offen austauschen zu können.
Zudem stehen externe Psychologen den Studierenden bei persönlichen Fragen und studienbedingten Schwierigkeiten zur Verfügung. Die Fragestellungen und Anliegen können Orientierungs-, Entscheidungs- und Konfliktsituationen betreffen sowie Stress- und andere Sondersituationen. Das Angebot ist kostenlos, vertraulich und anonym.
Ich habe mit einem der zwei Psychologen, Dipl. Psych. Stefan Beisswingert gesprochen und ihn gefragt, was typischerweise die Probleme der Studierenden sind und wie er ihnen hilft. Generell haben Studierenden natürlich dieselben Probleme wie alle anderen auch, betont er, aber “die Gefahr im Studium ist groß, dass man sich nur noch auf die Uni fokussiert und dadurch den Ausgleich vernachlässigt.” Viele Studierende wenden sich mit Prüfungsangst und Konzentrationsproblemen an ihn. Oftmals werden solche Probleme durch zu hohe Leistungsansprüche an sich selbst verursacht, erklärt er. Der innere Kritiker ist perfektionistisch und erhöht so den Druck.
Als Verhaltenstherapeut ist es dann die Aufgabe von Herrn Beisswingert, zunächst den Studierenden zuzuhören und die genauen Probleme zu verstehen. Gemeinsam mit der betroffenen Person hinterfragt er die Probleme und möchte herausfinden, warum jemand denkt, wie er denkt. Viele Probleme mit Druck und Belastung beruhen auf Denkfehlern, die der Therapeut ausfindig macht und behebt. Um Prüfungsangst zu bekämpfen, helfe es außerdem, Stresssituationen nachzustellen und zu simulieren.
Was können Studierende also von sich aus tun, um ihre mentale Gesundheit zu verbessern? Herr Beisswingert betont vor allem den Ausgleich. Hobbies, Interesse, Sport, kreativ sein: all das sorgt für gesunde Ablenkung vom Unialltag und lindert Stress. Besonders wichtig außerdem: ein gutes soziales Umfeld mit Freunden und Familie. “Es ist wichtig, ein soziales Umfeld zu haben, das einen unterstützt und auf dass ich mich im Notfall, wenn es mir schlecht geht, verlassen und austauschen kann.”